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Kreatives Rauschen
Das Spiel „Moonshot Edu“ verändert das kreative Denken im Klassenzimmer. Auf der Reise durch Wurmlöcher oder im Wetteifern mit der Oma im galaktischen Hühnerstall üben Kinder und Jugendliche Spontanität, Urteilsvermögen und Kooperation. Und diese Erfahrungen wirken nach, wie ein Blick ins Küstengymnasium in Neustadt zeigt.
Bei der Reise durchs Wurmloch ist nur wenig Gepäck erlaubt. Das legt die Spielkarte fest, die Sten, Ferdinand, Lasse und Jim gerade gezogen haben. Am Küstengymnasium in Neustadt in Schleswig-Holstein spielen die Fünftklässler zusammen mit ihrer Klasse das Brettspiel „Moonshot Edu“ – ein innovatives Lernspiel, das Zukunftskompetenzen ausbildet.
Nun lautet die Aufgabe: „Mache Deine Idee so klein wie möglich, damit Du sie durchs Wurmloch mitnehmen kannst!“ Zunächst wirken die vier Jungen etwas ratlos, wie sie das anstellen sollen. Ihre Idee – eine Steine schleudernde Drohne, die Dinge in die Steinzeit versetzt. Aber wie können sie dieses futuristische Gerät und seine Funktion jetzt schrumpfen?
Diese Frage lässt die vier Schüler auf ihren Stühlen herumrutschen. Sie sitzen am Ende eines großen Rechtecks aus quer zusammengeschobenen Tischen, um das sich die Klasse versammelt hat. Alle wissen, dass die Zeit drängt. Denn Klassenlehrerin Claudia Flemming zückt bereits die Eieruhr: „Los geht’s – ihr habt 30 Sekunden!“ Prompt sprudeln die Einfälle aus Sten, Ferdinand, Lasse und Jim heraus. Ihre Sätze fliegen dabei wild durcheinander und alle Mitschülerinnen und -schüler hören aufmerksam zu. Sie müssen die vier Jungen gleich mit Punkten und Worten bewerten und diese Kritik auch rechtfertigen.
» Dieses Spiel verändert sehr positiv, wie die Schüler denken und miteinander umgehen. «
Claudia Flemming,
KlassenlehrerinSpielerisch Kreativität fördern
Das Spiel „Moonshot Edu“, das die Deutsche Telekom Stiftung Mitte 2021 auf den Weg gebracht hat, setzt Kinder und Jugendliche mit professionellen Kreativitätstechniken spielerisch unter Druck. So sollen sie lernen, wie sie als Gruppe spontan agieren können. Klassenlehrerin Claudia Flemming hat hierbei einige Verwandlungen bei ihren Schülerinnen und Schülern beobachtet: „So entstehen eine Gruppendynamik und ein natürlicher Zwang zur Kreativität, die ihnen am Anfang schwerfallen. Aber danach entwickeln sie etwas, was ich gar nicht richtig in Worte fassen kann. Dieses Spiel verändert tatsächlich sehr positiv, wie sie denken, miteinander umgehen und ihre Projekte entwickeln.“
Zunächst entwickeln die Kinder in Viererteams eine Idee. Was diese Idee ausmacht, definieren zwei Begriffe, die jedes Team zuvor am Drehrad erhalten hat. An diesem Morgen sind es Kombinationen wie „Drohne“ und „Steinzeit“ oder „Tinder“ und „Comic“. Jedes Team formt seine Idee anschließend mit Knetgummi zu einem Prototypen und stellt ihn der Klasse mit wenigen Sätzen vor, ähnlich wie in einem Start-up-Pitch. Die gezogenen Spielkarten geben vor, wie jedes Team seinen Pitch oder seine Idee im Lauf des Spiels immer wieder verändern soll. Da heißt es dann: „Singe deine Idee vor“ oder „Mache aus ihr einen Superhelden!“ Wer das vor der Klasse ausprobiert, erlebt oft zum ersten Mal, wie leicht und lustig man eigene Ideen entwickeln kann.
Lasst die Spiele beginnen …
Cookies von Drittanbietern sind deaktiviert. Bitte akzeptieren Sie die Cookies, um diesen Inhalt anzuzeigen.„Moonshot Edu“ provoziert fortwährend Situationen, in denen sich Schülerinnen und Schüler kreativ und kommunikativ in einer Gruppe austesten und erleben können. Aber auch darüber hinaus lernen sie spielerisch: Wie bewerte ich fair? Wie gehe ich mit Kritik konstruktiv um? Wie werfe ich eine eigene Idee für eine bessere über Bord, ohne mich dabei schlecht zu fühlen? Das Brettspiel bildet damit wichtige Zukunftskompetenzen für das 21. Jahrhundert aus. Neben Kreativität und Kommunikation sind es auch Urteilsvermögen, die Fähigkeit zur Kollaboration und ein gesunder Umgang mit dem Scheitern.
Das ist kein Zufall. „Moonshot Edu“ baut auf dem von der Firma Playful Business entwickelten bewährten Brettspiel „Moonshot – The Innovation Game“ auf. Es ist für Unternehmen konzipiert, um die Innovationskraft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stärken. Entwickler Till Hasbach glaubt: Wer in turbulenten Zeiten Neues erschaffen will, muss bereit sein, sich selbst und die Personen um sich herum ständig produktiv zu irritieren. Der Spieleexperte nennt das „kreatives Rauschen“.
Mittlerweile Multiplikatorin
Nachdem auch die Telekom-Stiftung das Spiel mehrfach eingesetzt hatte, stand Mitte 2021 fest: Etwas Ähnliches sollte es auch für Kinder und Jugendliche geben, damit sie sich auf die Herausforderungen in der Arbeitswelt und im eigenen Leben besser vorbereiten können. Die Stiftung beauftragte Playful Business, den Ableger „Moonshot Edu“ zu entwickeln. Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum halfen dabei mit. Anfang 2022 war das Brettspiel fertig. Die Stiftung schult seitdem in Workshops Lehrkräfte und Fachpersonal aus anderen Lernorten wie Bibliotheken und der Kinder- und Jugendarbeit im Umgang mit dem Spiel.
Darin ist Lehrerin Claudia Flemming schon bestens geübt. Sie besuchte einen der Workshops und schult mittlerweile als Multiplikatorin am Küstengymnasium ihre Kolleginnen und Kollegen. Sie lobt die vielen Einsatzmöglichkeiten: „Wir können damit Fachinhalte vertiefen, den Zusammenhalt in einer Klasse stärken oder aber Schülerprojekte auf ein viel höheres kreatives Niveau heben.“
Schüler Kjell Petersen hat Letzteres bereits im Profilkurs Geschichte ausprobiert und war verblüfft. Der Elftklässler entwickelt mit seinem Team im Rahmen eines Schulprojektes Ideen, wie man einen Tag der Bewegung für Grundschülerinnen und -schüler gestaltet. Diese Ideen stellte die Gruppe bei „Moonshot Edu“ nicht nur den anderen Teams im Kurs vor, was neue Perspektiven brachte. Die Ideen mussten auch durchs Wurmloch mitreisen und somit schrumpfen. Kjell glaubt, dass gerade diese Spielkarte sein Projekt vorangebracht hat: „Man denkt automatisch viel zu groß. Wir wollten gleich vier Klassen an einem Tag betreuen und hätten uns völlig übernommen.“ Wurmloch sei Dank kommen die Ideen nun doch in der Realität an – zwar geschrumpft, dafür aber viel kreativer als gedacht.
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Fotos und Video: Sascha Kreklau
© 2023 Deutsche Telekom Stiftung