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Lernen für den Wandel
Das Jahr 2022 hat große Veränderungen gebracht: Der furchtbare Krieg in der Ukraine hat Auswirkungen auf viele Bereiche unseres Lebens – das Zusammenleben, die Wirtschaft, die Politik, die Energieversorgung und auch das Bildungssystem. Menschen, die Schutz suchen, sind zu uns gekommen. Darunter sind auch zahlreiche ukrainische Eltern mit ihren Kindern. Um diesen Menschen möglichst schnell ein ruhiges und verlässliches Umfeld bieten zu können, haben Schulen und Lehrkräfte ein immenses Engagement an den Tag gelegt. Sie haben Kinder und Jugendliche in Willkommensklassen aufgenommen, Deutschkurse angeboten und Elterngespräche geführt. Inzwischen sind schätzungsweise über 200.000 junge Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland. Neben Schulen und anderen Bildungseinrichtungen kümmern sich auch zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter die Telekom-Stiftung, um Geflüchtete aus der Ukraine und anderen Staaten. Mit ihren Elternratgebern in verschiedenen Sprachen und auch der Unterstützung von Integrationskursen hat die Stiftung einen kleinen Teil dazu beigetragen, dass geflüchtete Eltern und Kinder in Deutschland gute Bildungsangebote erhalten.
Nicht nur die Folgen des Ukrainekriegs und anderer Auseinandersetzungen haben im vergangenen Jahr für große Unruhe in der Bildungslandschaft gesorgt. Verschiedene Studien belegen, dass die Bildungsqualität in Deutschland deutlich Potenzial nach oben hat. Besonders viel öffentliches Interesse erhielt der im Oktober 2022 veröffentlichte IQB-Bildungstrend. Die Studie betrachtet, inwieweit Viertklässlerinnen und Viertklässler die Bildungsstandards in Deutsch und Mathematik erreichen. Das Ergebnis war schockierend: Zu viele Kinder verfehlen die Mindeststandards, können also am Übergang zur weiterführenden Schule nicht richtig lesen, schreiben und rechnen. Und: Das Ergebnis war deutlich schlechter als das der vorigen Untersuchung 2016.
Das ist ein nicht hinnehmbarer Zustand, so das einstimmige Urteil von Fachleuten aus Bildungspolitik, Bildungsverwaltung und Bildungspraxis. Und wir stimmen zu: Lösungen für die Bildungsmisere müssen dringend auf den Tisch, weil es um die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen geht. Da die Schule nach wie vor der zentrale Lernort für junge Menschen ist, haben wir uns bei der Telekom-Stiftung Gedanken gemacht, wie grundlegende organisatorische Veränderungen dort für schnelle Verbesserungen sorgen könnten. Ein Positionspapier von Dr. Thomas de Maizière und Dr. Ekkehard Winter hat in der Öffentlichkeit große Beachtung gefunden. Darüber hinaus haben wir zusammen mit anderen großen Stiftungen und weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen im März 2023 einen Appell an Bundeskanzler Olaf Scholz und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten formuliert, der einen grundlegenden Reformprozess im Bildungswesen fordert. Auch hier war die Aufmerksamkeit groß und wir setzen den Austausch dazu mit allen Beteiligten in diesem Jahr fort.
» Klar ist: Es wird höchste Zeit, dass sich etwas bewegt. Die Telekom-Stiftung wird daher auch weiterhin nicht nachlassen, Veränderungen im Sinne unserer Kinder und Jugendlichen anzumahnen. «
Aber nicht nur im politischen Bereich, sondern auch mit Blick auf die Projektarbeit der Stiftung haben wir den Anspruch, Ideen für bessere Bildungsangebote zu entwickeln. Wir haben 2022 in vielen Vorhaben auf das Thema Kreativität gesetzt, weil wir diese für eine entscheidende Zukunftskompetenz halten. Wir haben zum Beispiel Methoden wie Design Thinking und Gamification-Ansätze gefördert. Weitere Projekte zur Verbindung von MINT und den Künsten (STEAM) werden im laufenden Jahr gestartet. Und auch mit dem Thema künstliche Intelligenz in der Bildung werden wir uns befassen. Ziel ist es, junge Menschen in die Lage zu versetzen, Herausforderungen kreativ anzugehen und dann innovative Lösungswege zu finden. Das scheint uns entscheidend, wenn es darum geht, die Zukunft gut gerüstet anzugehen.
Gut gerüstet geht auch die Telekom-Stiftung in die Zukunft: Hier steht 2023 mit einem Wechsel in der Geschäftsführung eine große Veränderung an. Dr. Ekkehard Winter geht im August in den Ruhestand. Auf ihn folgt Jacob Chammon, derzeit Vorstand des Forum Bildung Digitalisierung. Der Vorstand dankt Ekkehard Winter sehr für die großartige Arbeit in den vergangenen knapp 20 Jahren. Er hat wesentlich dazu beigetragen, das Profil der Telekom-Stiftung als führende, einflussreiche MINT-Bildungsstiftung in Deutschland zu schärfen und die Vernetzung mit allen wesentlichen Bildungsakteurinnen und -akteuren voranzutreiben. Jacob Chammon wird daran anknüpfen können, denn auch er ist in der Bildungsszene bereits bestens vernetzt und zeichnet sich durch großes Engagement für digitale innovative Bildungsangebote aus.
Ein besonderer Dank gebührt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsstelle, die sich im vergangenen Jahr – trotz der anhaltenden Auswirkungen von Corona auf viele Projekte – wieder mit großem Engagement für bessere Bildung eingesetzt haben.
Bonn, im April 2023
Nachgefragt
Wie stehen unsere Vorstände zu Themen wie der aktuellen Lage des Bildungssystems, künstlicher Intelligenz in der Schule und Kreativität in der Finanzanlage einer Stiftung?
Fotos/Videos: Marcel Kusch
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