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Timotheus Höttges ist Vorstandsvorsitzender der Deutsche Telekom AG und Vorsitzender des Kuratoriums der Deutsche Telekom Stiftung.
Erkenntnissemit Mehrwert
Grußwort
Timotheus Höttges ist Vorstandsvorsitzender der Deutsche Telekom AG und Vorsitzender des Kuratoriums der Deutsche Telekom Stiftung.
Die Deutsche Telekom Stiftung hat sich mit ihrer Bildungsarbeit von Beginn an auf wissenschaftliche Erkenntnisse gestützt und die große Mehrzahl ihrer Vorhaben mit einem wissenschaftlichen „TÜV-Stempel“ versehen lassen. Ihr Anspruch war und ist es, Bildungsangebote auf der Grundlage von empirischer Evidenz zu erarbeiten und umzusetzen. Zugegeben: Dieses Vorgehen ist häufig zeitaufwändig, führt aber langfristig auch zu größeren Erfolgen. Ein sehr gutes Beispiel dafür sind unter anderem die Unterrichtsmaterialien, die in den ersten Stiftungsjahren in verschiedenen Mathematik-Projekten entstanden sind. Sie erhalten nach wie vor großen Zuspruch von Lehrkräften und finden in deren Schulalltag Anwendung, auch wenn die Projekte längst ausgelaufen sind.
Inzwischen ist die Telekom-Stiftung den Kinderschuhen entwachsen und seit mehr als 18 Jahren mit ihren Bildungsangeboten in der Landschaft unterwegs. In dieser Zeit hat sie – mit Hilfe von Evaluationen, Studien und Umfragen – viele Erkenntnisse gewonnen, die nicht nur für die Stiftung selbst einen Mehrwert boten, sondern auch für die Bildungspolitik und die Bildungspraxis. Besonders eindrücklich erscheint mir zum Beispiel immer wieder der Länderindikator. Hier werden Lehrkräfte selbst zum Stand der Digitalisierung an ihren Schulen und zu den eigenen digitalen Kompetenzen befragt. Daraus lässt sich dann ablesen, welche Bundesländer in Sachen digitaler Bildung gut unterwegs sind und wo es vielleicht noch hakt. Und auch wenn dieser Vergleich nicht allen Kultusministerien gefällt, so wissen wir doch, dass der Erkenntnisgewinn da und dort Maßnahmen nach sich zieht und die Studie damit über das reine Erheben von Daten weit hinausgeht. Und das ist es, was wir uns wünschen: Die Arbeit der Telekom-Stiftung soll für die Gesellschaft einen Mehrwert schaffen und wenn nötig auch Veränderungen bewirken.
Besonders interessant fand ich im vergangenen Jahr die Erkenntnisse, die wir im direkten Kontakt mit den 10- bis 16-Jährigen gewonnen haben. Diese Altersgruppe hat die Stiftung mit ihren Aktivitäten besonders im Blick. In verschiedenen Untersuchungen wurde qualitativ und quantitativ erfragt, wie junge Menschen während Corona gelernt haben, wie sie ihre Lernerfolge selbst einschätzen oder auch, wie sie sich das Lernen in Zukunft vorstellen können. Dabei haben wir erstaunliche Einblicke gewonnen: So haben sich ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen selbst Lernrückstände bescheinigt. Gleichzeitig waren mehr als die Hälfte der Meinung, dass sie sich beim selbstorganisierten Lernen und im Zeitmanagement verbessert haben. Schülerinnen und Schüler haben Ideen für eine andere Schule und neue Rollen für ihre Lehrerinnen und Lehrer beschrieben. Diese und viele andere Ergebnisse der Befragungen sind es wert, sie weiter zu verfolgen, um die Stiftungsvision eines erfolgreichen Bildungsökosystems mit bestmöglicher Bildung für alle jungen Menschen zu erreichen.
Aber auch ein anderes Resultat ist mir aufgefallen: In den Befragungen ist sehr deutlich geworden, dass es den Kindern und Jugendlichen an Medienkompetenz fehlt und sie ihr auch keine hohe Bedeutung beimessen. So finden es viele zwar schwierig, die Verlässlichkeit von Informationen einzuschätzen, aber weniger als 25 Prozent der 10- bis 16-Jährigen halten es überhaupt für wichtig, Inhalte in Fernsehen oder Internet beurteilen zu können. Ein alarmierendes Ergebnis, wenn wir uns die aktuellen Entwicklungen anschauen und zum Beispiel an die Desinformations-Kampagnen rund um Corona oder den Krieg in der Ukraine denken. Dass diese zu absolut nichts Gutem führen, dürfte gerade mit Blick auf die Ukraine auf erschreckende Weise klar geworden sein. Falschen Informationen müssen wir daher nicht nur geprüfte Fakten und wissenschaftliche Evidenz entgegensetzen, sondern auch Bildungsprojekte, die diese Themen fokussieren. Digitale Souveränität erreichen unsere Kinder nur dann, wenn wir sie zu kritischen Denkern machen, indem wir ihnen Nachrichten- und Quellenkompetenz vermitteln. Dass dies an Schulen ebenso möglich ist wie in Bibliotheken oder Jugendhäusern, zeigt die Telekom-Stiftung mit ihrer Arbeit.
Das Engagement unserer Stiftung an dieser und vielen anderen Stellen macht uns bei der Telekom stolz, und ich danke dem Vorstand mit Thomas de Maizière an der Spitze und dem Team um Geschäftsführer Ekkehard Winter für das erfolgreiche Wirken. Ich bin sicher, dass die Stiftung auch in Zukunft nicht nachlassen wird, Erkenntnisse zu gewinnen, die zum Wissensfortschritt in der Bildung beitragen und darüber hinaus der Allgemeinheit einen Mehrwert bieten. Denn wie sagte der Philosoph und Pädagoge Jean-Jacques Rousseau: „Man muss viel gelernt haben, um über das, was man nicht weiß, fragen zu können.“
Timotheus Höttges
Vorsitzender des Kuratoriums und Vorstandsvorsitzender Deutsche Telekom AG
Bonn, im April 2022
Foto: Deutsche Telekom/Norbert Ittermann
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