Angesichts der großen Herausforderungen braucht das deutsche Bildungssystem Reformen. Wie aber gelingt der Wandel hin zu besseren Rahmenbedingungen für das Lehren, Lernen und Prüfen? In unserem Handlungsfeld „Bildungssteuerung“ wollen wir in enger Zusammenarbeit mit der Bildungspolitik und anderen Akteuren Impulse dafür setzen.
Nach dem Unterricht direkt nach Hause und weitere Aufgaben wie die Vorbereitung des Elternabends oder der nächsten Klassenarbeit allein am Schreibtisch erledigen? In der Ganztagsgrundschule Sodenmatt in Bremen läuft das für die Lehrkräfte anders. Deren Arbeitszeit an der Schule umfasst nicht nur Unterricht, sondern auch feste Präsenz- und Teamzeiten. Das bietet viel Raum für kollegialen Austausch oder die gemeinsame Unterrichtsentwicklung. Warum das so außergewöhnlich ist? Weil Lehrkräfte normalerweise nur zum Unterricht in der Schule sein müssen und ihre Arbeitszeit auch danach bemessen wird. Andere Tätigkeiten wie eben die Planung von Elternabenden oder die Vorbereitung und Korrektur von Klausuren werden nur pauschal einbezogen. Das kann zu einer Überlastung der Lehrkräfte führen, wie eine 2023 von der Telekom-Stiftung veröffentlichte Expertise belegt. Eines unserer Ziele in diesem Handlungsfeld ist es daher, Rahmenbedingungen wie das Deputatsmodell – nach diesem Modell wird die Lehrkräftearbeitszeit derzeit erfasst – unter die Lupe zu nehmen.
Die Grundlagen für die Arbeitszeit von Lehrkräften sind nur eines von vielen Themen, die wir als Stiftung im Handlungsfeld „Bildungssteuerung“ angehen wollen. Als Agenda-Setter möchten wir öffentliche Debatten anstoßen, aber auch praktisch aufzeigen, wie es besser laufen kann.
Im Projekt Freiräume(n) – Arbeit an Schule anders organisieren – passiert dies schon. Im Herbst 2024 haben wir zwölf Schulen zusammengebracht, die ihre Arbeitsorganisation bereits verändern – darunter die Grundschule Sodenmatt. Das Ziel: Die Schulen sollen Ideen austauschen, von- und miteinander lernen. Als Stiftung werden wir die gewonnenen Erkenntnisse so aufbereiten, dass auch andere Schulen davon profitieren. Aus individuellen Lösungen heraus könnte auf diese Weise etwas entstehen, das für das gesamte System interessant und hilfreich ist.

77
Prozent der Bevölkerung findet ein hervorragendes Bildungssystem besonders wichtig für die Zukunft des Landes.
61
Prozent der Schulleitungen sagen, sie müssen sich in rechtliche Grauzonen begeben, um Fortschritte in der Schulentwicklung zu erzielen.
15
Prozent der Lehrkräfte in Deutschland beurteilen ihre Arbeitsbelastung im Berufsalltag als angemessen.
Auch wenn es um die vielen administrativen Zuständigkeiten für Schule geht oder darum, was Schulleitungen entscheiden dürfen, ist aus unserer Sicht viel zu tun. Damit sind wir nicht allein: 61 Prozent der Leitungen allgemeinbildender Schulen in Deutschland sagen, dass sie sich in rechtliche Grauzonen begeben müssen, um Fortschritte in der Schulentwicklung zu erzielen. 40 Prozent bemängeln, kein Mitspracherecht bei der Auswahl des vom Schulträger gestellten Personals zu haben, so die Ergebnisse einer forsa-Umfrage zum Thema Bildungssteuerung, die wir 2023 in Auftrag gegeben haben.
Ob kommunaler Schulträger, Bundesland, Bezirksregierung, Staatliches Schulamt oder der Bund in Berlin – das Wirrwarr von Zuständigkeiten an unseren Schulen behindert häufig gute Zusammenarbeit und innovative Veränderungsprozesse. Aber wie können Kooperationen zwischen den vielfältigen Akteuren so gestaltet werden, dass sie effizienter sind und zugleich eine hohe Bildungsqualität ermöglichen? Dazu loten wir derzeit in zwei Bundesländern Ansätze aus, die auch die ressort- und rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit ermöglichen sollen.
Diese Beispiele zeigen: Mit Veränderungswillen, Pioniergeist und Gemeinschaftssinn ist viel möglich. Grundsätzlich sind wir überzeugt davon: Politik und Zivilgesellschaft müssen mehr und enger zusammenarbeiten. Nur gemeinsam können wir die drängendsten Herausforderungen in unserem Bildungssystem angehen. Das ist unser großes Anliegen!
WAS IST WAS?
Bei allen Aktivitäten in diesem Handlungsfeld haben wir die Rahmenbedingungen des Bildungssystems im Blick, die wir gemeinsam mit Partnerorganisationen aus der Zivilgesellschaft, aber auch aus Bildungsadministration, Bildungspolitik und Bildungspraxis verbessern wollen. Voraussetzung dafür ist insbesondere eine größere Transparenz und mehr Kooperation im Bildungssystem, für die wir uns einsetzen.
Bildungsdialog für Deutschland
Analysen gibt es genug – in der Bildung braucht es Lösungen. Der Bildungsdialog für Deutschland bringt Politik und Zivilgesellschaft an einen Tisch, um praxistaugliche Antworten auf drängende Bildungsfragen zu finden. 2025 startet der erste Durchgang. Hinter dem Vorhaben steht das Bündnis #NeustartBildungJetzt mit mehr als 100 Organisationen, darunter auch die Telekom-Stiftung.
Freiräume(n) – Schule anders organisieren
Das Deputatsmodell als Grundlage für die Lehrkräftearbeitszeit ist nicht mehr zeitgemäß. 13 Schulen aus sieben Bundesländern tüfteln im Projekt Freiräume(n) an neuen Wegen, die Arbeitszeit von Lehrkräften fairer und realistischer zu erfassen und diese Methoden dann auch zu verbreiten.
Nationales Bildungsforum
Das Nationale Bildungsforum versammelt jedes Jahr die wichtigsten Köpfe aus Bildung, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft in Wittenberg. 2024 stand die Schulaufsicht im Fokus – mit klaren Visionen für ihre Zukunft. Die Deutsche Telekom Stiftung unterstützt die exklusive Konferenz seit 2022.
Starke Stimme
Gemeinsam mit vielen Partnern setzt sich die Telekom-Stiftung für eine bessere MINT-Bildung entlang der Bildungskette ein. Dies tut sie unter anderem im Nationalen MINT Forum, in dem sich inzwischen mehr als 30 bundesweit tätige Akteure zusammengeschlossen haben und das sich als starke Stimme der MINT-Bildung in Deutschland einen Namen gemacht hat.
Bildung in Deutschland: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit
In der Bildung klaffen für die Deutschen Wunsch und Wirklichkeit an vielen Stellen weit auseinander, so das Ergebnis dieser Allensbach-Umfrage: Als eines der Top-Zukunftsthemen sollte sie von den politisch Verantwortlichen entsprechend behandelt werden. Nach Meinung der Mehrheit kümmert sich die Politik aber zu wenig – und fast die Hälfte der Befragten hält das Bildungssystem für mangelhaft.
Lehrkräftemangel in Kunst und Musik
Dieser Untersuchung zufolge werden Nordrhein-Westfalens Schulen in zehn Jahren nur noch 40 Prozent der erforderlichen Kunst- und 30 Prozent der Musiklehrkräfte haben. Das sind düstere Aussichten auch für gute MINT-Bildung, die aus Sicht der Telekom-Stiftung auf den STEAM-Ansatz setzen sollte: die Kombination der mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Inhalte mit Kreativität.
Praxisleitfaden „Künstliche Intelligenz in der Schule“
Die Studie und der Leitfaden „Künstliche Intelligenz in der Schule“ bieten Orientierung für die schulische Nutzung von KI-Anwendungen speziell für Lehrkräfte und Schulleitungen. Übersichtlich in sieben Technologiegruppen sortiert, zeigen die Produkte, welche KI-gestützten Möglichkeiten auf welche Weise beim erfolgreichen Lernen, Lehren und Verwalten helfen können.
Was motiviert zum MINT-Lernen?
MINT polarisiert: Manche mögen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik, viele leider nicht. Das SINUS-Institut ist der Frage nachgegangen, was Kinder und Jugendliche zum MINT-Lernen motiviert und hat vier zentrale Impulsgeber gefunden: die Lehrkraft, den Faktor Zeit, die Lebensnähe der Unterrichtsinhalte und die Möglichkeit zur intensiven Auseinandersetzung mit Themen.